Von der Unbewusstheit in die Bewusstheit: Die Anweisungen des Buddha zum Beobachten des Atems, der Gedanken und der Gefühle
Die folgenden Erläuterungen gab Bhajan Noam in einem Gespräch, das wir kürzlich für unsere Print-Ausgaben mit ihm geführt haben. Den Hauptteil des Interviews findest du in YOGA AKTUELL Heft 129.
Der Buddha sagte: Wenn du dich erfahren willst, setz dich hin und beobachte deinen Atem, das ist die einfachste Übung – und die ist zu Anfang nicht wirklich leicht. Es gibt so viele Ablenkungen. Aber probiere es immer wieder. Beobachte deinen Atem. Und wenn dir dieser Prozess bewusst wird, wirst du bemerken: Der Atem bleibt nicht, wie er war. Das Beobachten, die reine Präsenz, ist eine große wandelnde Kraft. Dein Atem ist anfangs vielleicht flach und unruhig. Dein Beobachten verändert ihn, er kann nicht so bleiben, wie er ist, wenn er nicht harmonisch ist. Beobachten, Bewusstsein verändert alles in Richtung Harmonie, Ursprünglichkeit.
Der Buddha sagt: Der Atem ist der Einstieg in diese Welt des Beobachtens, in die Welt deiner Bewusstwerdung. Als Zweites folgen deine Gedanken. Wenn du gelernt hast, deinen Atem zu beobachten, und dein Atem sich beruhigt hat und jetzt für dich arbeitet, dann beginn damit, deine Gedanken zu beobachten. Das ist schon etwas schwerer, weswegen du mit dem Atem begonnen hast. Vom Atem hast du gelernt, dass er auf dein Beobachten reagiert, dass er sich zum Positiven wandelt. Üb jetzt mit deinem Denken. Und wenn du dein Denken beobachtest, wirst du nach und nach bemerken, dass es stiller wird, dass nicht jeder Gedanke einfach so in dich eindringen kann. Das Beobachten, deine Präsenz, ist ein Grenzwächter. Was dir schadet, wird aussortiert. Was dir dient, wird zugelassen. Schädliche Gedanken oder ein Zuviel an Denken werden gehemmt und daran gehindert, dich zu überfluten. So wird, wie zuvor dein Atem, jetzt auch dein Denken ruhiger und beginnt, dir zu dienen.
Der Buddha sagt: Als dritte und vielleicht schwierigste Stufe folgt jetzt das Beobachten deiner Gefühle. Was du beim Beobachten des Atems und beim Beobachten deiner Gedanken gelernt hast, kannst du nun auch auf deine Gefühle anwenden. Wut mag aufsteigen, aber du beobachtest sie, du reagierst nicht, du machst dir die Wut nicht zu eigen; sie ist etwas außerhalb von dir, von deinem eigentlichen Wesen. Sie ist nichts als eine alte Konditionierung. Du hast Wut vielleicht bei deinen Eltern erlebt und bei vielen Menschen in unterschiedlichen Situationen. Du hast es übernommen, wie sie zu reagieren. Jetzt lernst du durch dein bewusstes Beobachten, dass Wut lediglich eine Form von Energie ist. Sie steigt auf und ruft bestimmte Handlungen hervor, die aber lediglich aus dem Abschauen bei anderen, aus einer Gewohnheit heraus entstehen. Du lernst jetzt, nicht zu reagieren, sondern still zu beobachten. Und dieses Beobachten hat eine transformierende Eigenschaft. Wut, die eine zerstörende Kraft ist, ein vernichtendes Potenzial in sich trägt, wandelt sich plötzlich zurück in reine Lebensenergie, in eine kreative, aufbauende Kraft.
Mit diesen drei Schritten – dem Beobachten des Atems, dem Beobachten des Denkens und dem Beobachten der Gefühle – lernen wir, aus der Unbewusstheit, aus dem unbewussten Reagieren, in die Bewusstheit und in ein bewusstes und damit positives, förderndes Handeln zu gelangen.
Präsenz ist die alles organisierende, alles heilende Kraft.